An die Mitglieder des Bayerischen Hospiz- und Palliativverbandes
Sehr geehrte Damen und Herren, sehr geehrte Mitglieder,
selten war die Lage der Corona-Pandemie für den einzelnen schwerer zu fassen. Auf der einen Seite sind da die immens hohen Infektionszahlen und die Warnungen, dass wichtige kritische Infrastrukturen vor der Überlastung stehen könnte. Auf der anderen Seite machen Fachleute zarte Hoffnungen auf ein absehbares Pandemieende. Derzeit hat man das Gefühl, einen Marathon zu laufen von dem man nicht weiß, wie viele Kilometer noch vor einem liegen. Die Kräfte schwinden, die Aufmerksamkeit lässt nach.
Als weitere Hürde kommt die am 10. Dezember 2021 vom Bundestag beschlossene einrichtungsbezogene Impfpflicht ab dem 15.3.2022 hinzu. Viele stationäre Einrichtungen, aber auch Hospizdienste, stellt diese Impfpflicht vor Probleme, da einige haupt- und ehrenamtliche Mitarbeitende der Impfung aus verschiedenen persönlichen Gründen skeptisch gegenüberstehen.
Von der Impfpflicht erfasst sind im Gesundheitswesen tätige Personen, die nicht nur jeweils wenige Minuten, sondern über einen längeren Zeitraum in den Einrichtungen und Unternehmen tätig sind und schwerstkranke, sterbende Menschen pflegen und begleiten. Darunter fallen auch die haupt- und ehrenamtlich Tätigen der Hospizdienste. Grund dafür ist, dass schwerstkranke und sterbende Menschen zu der besonders vulnerablen Personengruppe gehören, die ein hohes Risiko haben, an COVID-19 zu erkranken. Diese Menschen sollten keinesfalls dem Risiko ausgesetzt werden, dass sie in der letzten Lebensphase zusätzlich zu der bestehenden Grunderkrankung noch einer weiteren Belastung ausgesetzt werden und sie ihre verbleibende Lebenszeit ohne Besuchsmöglichkeiten der nahestehenden Personen, vielleicht sogar in Isolation verbringen müssen. Vor diesem Hintergrund sollte der Blick primär auf die Bedürfnisse des
sterbenden Menschen gerichtet werden, um die restliche Lebenszeit für diesen Menschen und seine Zugehörigen so angenehm und komplikationslos wie möglich zu gestalten. Gerade am Anfang der Pandemie schockierte uns doch, dass sterbende Menschen ohne Begleitung ihren letzten Weg antreten mussten und dass Trauernde keine Möglichkeit für einen würdevollen Abschied bekamen. Eine Wiederholung dieses Missstandes gilt es also zu vermeiden.
Was also können die Einrichtungen tun, um ihre wertvollen und hoch geschätzten Mitarbeitende nicht zu verlieren?
Wie stets in der Hospizarbeit ist Augenmaß und Verantwortung gefragt. Zum einen sollte natürlich das Gespräch gesucht werden, um die Sorgen der beschäftigten Person näher zu ergründen und um etwaige Bedenken vielleicht ausräumen zu können. Auch ein Ruhen der ehrenamtlichen Tätigkeit bis zum Ablauf der gesetzlichen Regelung kann ein geeignetes Mittel sein, um zu signalisieren: Wir brauchen dich und wollen dich nicht verlieren! Wichtig ist auch der Respekt vor der Meinung des jeweils Aderen. Otto von Bismarck sagte schon: „Verfallen wir nicht in den Fehler, bei jedem Andersmeinenden entweder an seinem Verstand oder an seinem guten Willen zu zweifeln.“ Was die Mitarbeitenden im hospizlichen Bereich eint, ist der Wunsch, für Sterbende, Schwerstkranke und Betagte da zu sein. Darauf sollten wir uns besinnen. Gehen Sie also aufeinander zu und versuchen Sie gemeinsam, einen Weg zu finden, der für die Beteiligten gangbar ist. Davon lebt die Hospizarbeit, das macht sie so wertvoll!
Mit freundlichen Grüßen
Timo Grantz
Geschäftsführer
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