… dieser Gedanke, der uns gleich zu Beginn unserer Ausbildung mit auf den Weg gegeben wurde, war schon bald weit mehr als ein Ausblick auf die erst in 5 Monaten beginnende Arbeit am Patienten für uns:
Als wir im Januar mit dem Grundseminar-Wochenende starteten, gingen mit der Kälte im Gemeindehaus Brunnthal und dem Schnee auf den Feldern auch anfängliche Skepsis, Fragezeichen, Unsicherheiten, z.T. auch Ängste einher. Das Gute: sie durften da sein und wurden gesehen, wir hatten Raum und Zeit für sie und immer ein offenes Ohr bei unseren wunderbaren Koordinatorinnen, erfahrenen Hospizbegleiterinnen und von Anfang an auch untereinander. So fühlten wir uns gut aufgehoben – UND: das Leben hielt Einzug in unsere Gruppe. Ganz offensichtlich wurden wir von unseren Koordinatorinnen bereits in den Vorgesprächen gut ausgesucht.
Nachdem das Grundseminar in uns allen den Wunsch geweckt hatte, Menschen auf ihrem letzten Lebensweg begleiten zu können, vermittelte uns das Hauptseminar ein breites Spektrum von Erfahrung und Wissen. Mit viel Empathie, Herz und Kompetenz brachten uns Kathrin, Lisi und Martina ebenso wie erfahrene Hospizbegleiterinnen und externe Referent*innen die vielfältigen Themen der Hospizbegleitung nahe. Es war beeindruckend, wie tiefgründig die verschiedenen Themen behandelt wurden, besonders die Abende und Tage zu den Sterbephasen und zur Demenz waren sehr praxisrelevant. Wir haben viel gefragt und manchmal auch kritisch hinterfragt. Selbst schwer verdauliche Themen wurden damit leicht(er) und wir sind sehr dankbar für diese qualifizierte Ausbildung, die unsere Erwartungen weit übertroffen hat.
Wir haben in diesem Kurs viel über uns selbst und unsere Gedanken und Gefühle zum Thema Leben und Lebensende gelernt. Wir sind eigenen Verlusten tief begegnet. Wir haben erlebt, dass aus alten Erfahrungen und Konditionierungen entstandene Verhaltensweisen aufbrachen und einen neuen Kern zum Vorschein brachten, der auf neue Weise bereit fürs Helfen macht. Ebenso viel haben wir über die Gefühle und Gedanken unserer Kolleginnen und Kollegen gelernt. So unterschiedlich wir im Leben sind, so unterschiedlich sind wir auch darin, wie wir dem Ende des Lebens entgegenblicken und welche Erfahrungen wir dazu bereits gemacht haben. Festgestellt haben wir alle, dass es am Ende darauf ankommt, den letzten Weg nicht alleine gehen zu müssen, sondern begleitet zu werden von jemandem, der Mitgefühl, Liebe, wertfreies Annehmen und seine Zeit schenkt. Im Grundlagenseminar haben wir bei einer Übung ein Wollknäuel von einem zum anderen geworfen, dabei entstand ein Netz. Dieses Netz symbolisiert das Miteinander, das für jeden von uns enorm wichtig ist – im Leben ebenso wie am Lebensende. Es macht uns froh, dass es für den letzten Weg die Begleiter des Hospizkreises gibt. Für jeden und jede, die es annehmen mag. Wir dürfen jetzt Teil dieses Kreises sein – was für ein Geschenk!
In den letzten 5 Monaten ist aus 15 sich fremden Frauen und einem „Quoten-Mann“ (dieser Titel ist selbst gewählt) unsere sehr lebendige, freudvolle, sich gegenseitig wertschätzende und unterstützende Gruppe geworden, die bei aller Ernsthaftigkeit und Empathie im Thema auch jede Menge Spaß miteinander hat. Wir freuen uns jetzt auf die Wiedersehen zum regelmäßig eingeplanten Stammtisch. Und darauf, mit unserer Tätigkeit als Hospizbegleiter den Tagen mehr Leben zu geben.
In diesem Sinne: Carpe Diem
Text: Ulrike Muenchenberg
Foto: HKO